Proteinfaltung im Überblick: Mechanismen, Ablauf und mögliche Probleme

Nach ihrer Synthese aus verschiedenen Aminosäuren besitzen Proteine alle erforderlichen molekularen Komponenten. Einen funktionalen Zustand erreichen die meisten Eiweiße aber erst, wenn sie sich in eine bestimmte räumliche Struktur falten. Wird dieser als Proteinfaltung bezeichnete Prozess gestört, können Fehlfaltungen entstehen, die zur Proteinaggregation und zu Krankheiten führen. Lesen Sie hier bei Waters | Wyatt, wie die Proteinfaltung funktioniert und welche Probleme dabei auftreten können.

Inhaltsverzeichnis:

  • Proteinfaltung einfach erklärt
  • Woher wissen Proteine, wie sie sich falten müssen?
  • Welcher Struktur folgt die Proteinfaltung?
  • Können Faltungsfehler entstehen?
  • Welche Folgen hat eine fehlerhafte Proteinfaltung?
  • Proteinfaltung erforschen mit Spitzentechnologien von Waters | Wyatt

Proteinfaltung einfach erklärt

Als Proteinfaltung wird der Vorgang bezeichnet, durch den Proteine ihre dreidimensionale Raumstruktur erhalten. Dieser Prozess vollzieht sich während oder nach der Synthese der Peptidkette im Endoplasmatischen Retikulum (ER), im Golgi-Apparat und zum Teil auch im Zytosol. Vom korrekten Ablauf der Proteinfaltung hängt ab, ob das Eiweiß seine Funktion einwandfrei erfüllt und von anderen Molekülen erkannt wird.

In Gang gesetzt wird die Proteinfaltung in erster Linie durch hydrophobe (wasserabstoßende) Wechselwirkungen. Bestandteile der Aminosäurekette, die eine gleichartige chemische Umgebung favorisieren, interagieren stärker miteinander als mit anderen Teilen. Dadurch drängen sich die wasserabstoßenden Seitenketten der Aminosäuren im Proteininneren zusammen, während die hydrophilen (wasserliebenden) auf der Oberfläche liegen und Wechselbeziehungen mit Wassermolekülen eingehen.

Einige Proteine erreichen die korrekte Proteinstruktur nur mittels bestimmter Enzyme oder sogenannter Chaperone (engl. „Anstandsdamen“). Diese speziellen Eiweiße lagern sich selbst an neue Proteine an und unterstützen damit eine fehlerfreie Proteinfaltung.

Woher wissen Proteine, wie sie sich falten müssen?

Der Proteinfaltung liegt ein biochemisches Grundprinzip zugrunde. Diesem zufolge streben alle Proteine eine Energieminimierung an, also eine für sie energetisch besonders günstige Faltung. Gelangt ein Protein in diesen Zustand, „weiß“ es, dass die Proteinfaltung fehlerfrei verlaufen ist und es seine Funktion erfüllen kann.

Die Suche nach der richtigen 3D-Struktur läuft nicht zufällig ab. Vereinfacht ausgedrückt, folgen die Aminosäuren in der Kette des Proteins bei der Proteinfaltung den physikalischen Gesetzmäßigkeiten und finden auf diese Weise den Weg zur korrekten Faltung. Zu diesen Gesetzen gehören das Prinzip der Energieminimierung sowie das Streben nach dem energetisch günstigsten Zustand. Hinzu kommt der bereits erwähnte hydrophobe Effekt, der bei der Proteinfaltung für die richtige Anordnung der wasserabstoßenden Seitenketten sorgt.

Welcher Struktur folgt die Proteinfaltung?

Die 3D-Struktur von Proteinen besteht aus mehreren Strukturebenen, die Schicht für Schicht aufgebaut werden. Die Primärstruktur bildet die Aminosäurekette. In dieser sind die Aminosäuren über spezielle (Peptid-)Bindungen verknüpft, die später als sogenanntes Rückgrat des fertig gefalteten Proteins fungieren.

Noch während der Synthetisierung der Aminosäurekette am Ribosom falten sich an ihrem Beginn bereits die Strukturen der zweiten Schicht (Sekundärstruktur). Deren räumliche Beschaffenheit wird im Wesentlichen durch Wasserstoffbrückenbindungen bestimmt, die sich im Zuge der Proteinfaltung zwischen verschiedenen Atomen des Rückgrates ausbilden. Abhängig von der Position und der Anordnung dieser Brücken formen sich die Aminosäureketten zu Spiralen (Alpha-Helix) oder flachen, leporelloartig gefalteten Scheiben (Beta-Faltblätter).

Die dritte Schicht (Tertiärstruktur) wird durch weitere Gruppen molekularer Bindungen zwischen den Strukturen der zweiten Schicht der Aminosäurekette gebildet. Diese von Atomen wie Schwefel und Stickstoff geformten Bindungen sind teilweise stärker als die Wasserstoffbrücken der Sekundärstruktur.

Diese drei Strukturschichten dienen als Grundgerüst der Proteinfaltung. Einige Proteine bilden eine zusätzliche vierte Schicht (Quartärstruktur), indem sie mit weiteren gefalteten Aminosäureketten zu größeren Einheiten (Proteinkomplexe) fusionieren. Ein Beispiel hierfür ist das für den Sauerstofftransport im Blut verantwortliche Hämoglobin, das aus vier Untereinheiten besteht.

Wie die Proteinfaltung genau abläuft, ist bislang nicht endgültig geklärt und ein aktueller Forschungsgegenstand der Biochemie. In manchen Fällen verläuft die Proteinfaltung über einen als „Molten Globule“ (geschmolzenes Kugelförmiges) bezeichneten Zwischenzustand. Hierbei kommt es per hydrophobem Kollaps zur Zusammenlagerung wasserabstoßender Aminosäurereste, wobei die gesamte Sekundärstruktur der Proteine innerhalb von Millisekunden ausgebildet wird. Erst danach formt sich die Tertiärstruktur, was einige Sekunden dauern kann.

Können Faltungsfehler entstehen?

Die Proteinfaltung ist störanfällig, insbesondere bei größeren Proteinen, die aus mehreren funktionellen Faltungseinheiten (Domänen) aus circa 100 bis 200 Aminosäuren bestehen. Beispielsweise kann es zu inkorrekten Wechselwirkungen verschiedener Kettenabschnitte kommen, aus denen aggregationsgefährdete Faltungsintermediate (Proteine mit nativ-ähnlicher 3D-Stuktur) resultieren können.

Solche Faltungsintermediate weisen häufig exponierte wasserabstoßende Aminosäuren auf, die zum Verklumpen (Aggregation) des Intermediates führen können. Je mehr dieser anfälligen Strukturen vorhanden sind, desto wahrscheinlicher ist die Aggregation. Einige Eiweiße sind während der Proteinfaltung auf die fehlerfreie Isomerisierung der Peptidbindung zwischen der Aminosäure Prolin und einer beliebigen anderen Aminosäure angewiesen. Für sekretierte cysteinhaltige Proteine müssen zudem Disulfidbrücken zwischen Cysteinresten richtig ausgebildet sein. Faltungsinmediate mit fehlerhafter Prolinisomerisierung oder inkorrekter Disulfidverbrückung können ebenfalls zur Aggregation neigen.

Fehler bei der Proteinfaltung können auch bereits vorhandene, native Proteine betreffen. Beispielsweise kann es zur Missfaltung kommen, wenn Zellen Stress ausgesetzt sind (z. B. Hitzeeinfluss) oder durch Mutationen destabilisiert sind (z. B. bei Krebs oder zystischer Fibrose). Darüber hinaus können sich Proteine langfristig verändern. Das ist zum Beispiel bei Prionen oder beim Aβ-Protein von Alzheimer-Plaques der Fall.

Wahrscheinlich ist die Gefahr für den Strukturverlust und das Entfalten von Proteinen der evolutionsbedingte Preis für die für ihre Funktion essenzielle Flexibilität in der räumlichen Anordnung. Schon das Überschreiten kleiner Energiebarrieren genügt, um eine Strukturveränderung hervorzurufen.

Welche Folgen hat eine fehlerhafte Proteinfaltung?

Ein Protein kann seine spezifische Funktion nur durch seine definierte Struktur erfüllen. Fehlfaltungen werden für gewöhnlich von der sogenannten Proteinqualitätskontrolle erkannt. Hierbei handelt es sich um einen zellulären Schutzmechanismus, der von grundlegender Bedeutung für das Aufrechterhalten eines funktionierenden Proteoms und das Überleben der Zelle ist.

Inkorrekt gefaltete Proteine werden im Proteasom abgebaut, einem Proteinkomplex, der sowohl im Zellkern als auch im Zytoplasma vorliegt und als multikatalytische Protease fungiert. Schlägt der Abbau fehl, entstehen Proteinansammlungen. Auf diese Weise kann eine fehlerhafte Proteinfaltung Krankheiten auslösen, bei denen Veränderungen im Erbgut von Zellen die korrekte Proteinfaltung anderer Proteine verhindern. Mögliche Folgen sind:

  • Funktionsverlust der Proteine (z. B. bei Zystennieren, Mukoviszidose, Phenylketonurie, lysosomalen Speicherkrankheiten, erblichem Brustkrebs),
  • Proteinaggregation (z. B. bei Sichelzellanämie, Alzheimer, Parkinson, Chorea Huntington) sowie
  • eine toxische Wirkung der Proteine (z. B. bei der Creutzfeldt-Jacob-Krankheit, grauem Star, einigen Formen von ALS, Diabetes mellitus Typ 2).

Proteinfaltung erforschen mit Spitzentechnologien von Waters | Wyatt

Um die Proteinfaltung besser nachvollziehen und die molekularen Mechanismen im menschlichen Organismus weiter verstehen zu können, ist es nötig, die Eigenschaften von Proteinen detailliert zu analysieren. Waters | Wyatt bietet Ihnen hierfür richtungsweisende Produkte rund um die Laborarbeit in Verbindung mit einem ausgezeichneten Service.

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Weitere Fragen und Antworten zur Proteinfaltung

Wie ist die Proteinfaltung aufgebaut?

Folgende Strukturschichten dienen als Grundgerüst der Proteinfaltung:

  • die Primärstruktur bildet die Aminosäurekette
  • die Sekundärstruktur sind Wasserstoffbrückenbindungen des Peptidrückgrats
  • die Tertiärstruktur bezeichnet die gesamte dreidimensionale Struktur von Proteinen
  • einige Proteine bilden eine zusätzliche vierte Schicht aus verschiedenen nicht-kovalent gebundenen Untereinheiten (Quartärstruktur)

Welche Folgen hat eine fehlerhafte Proteinfaltung?

Mögliche Folgen sind:

  • Funktionsverlust der Proteine (z. B. bei Zystennieren, Mukoviszidose)
  • Proteinaggregation (z. B. bei Sichelzellanämie, Alzheimer, Parkinson) sowie
  • eine toxische Wirkung der Proteine (z. B. bei der Creutzfeldt-Jacob-Krankheit, grauem Star, einigen Formen von ALS, Diabetes mellitus Typ 2).

Warum faltet sich ein Protein?

Die Proteinfaltung wird durch hydrophobe (wasserabstoßende) Wechselwirkungen in Gang gesetzt. Bestandteile der Aminosäurekette interagieren stärker miteinander als mit anderen Teilen. Dadurch drängen sich die wasserabstoßenden Seitenketten der Aminosäuren im Proteininneren zusammen, während die hydrophilen (wasserliebenden) auf der Oberfläche liegen und Wechselbeziehungen mit Wassermolekülen eingehen.