Einführung in die Theorie der Lichtstreuung

Die Lichtstreuung umfasst eine vielseitige Reihe von nicht-invasiven Techniken zur Charakterisierung von Makromolekülen und Partikeln in Lösung. Im Gegensatz zu den meisten anderen Methoden benötigt sie keine externen Kalibrierstandards. Es handelt sich bei der Lichtstreuung um eine absolute Messmethode.

Mit den Instrumenten von Wyatt Technology können zwei verschiedene Arten von Lichtstreumessungen zur absoluten Charakterisierung von Molekülen durchgeführt werden:

  • Mehrwinkel-Lichtstreuung (MALS), auch bekannt als Statische Lichtstreuung (Static Light Scattering, SLS) oder Klassische Lichtstreuung (Classical Light Scattering) - Mit MALS wird die Intensität des gestreuten Lichts als Funktion der Winkel gemessen. Für Makromoleküle kleiner als die Wellenlänge des einfallenden Lichts, werden die Daten analysiert, um die molare Masse oder das Molekulargewicht Mw und den Gyrationsradius Rg zu bestimmen. Für bestimmte Klassen von Partikeln, deren Größe in der Nähe der Wellenlänge des einfallenden Lichts liegt, kann MALS Form und Struktur bestimmen.

    Über die Konzentrationsabhängigkeit der Intensität des Streulichtes ist es möglich, molekulare Wechselwirkungen als zweiten Virialkoeffizienten (A2, für unspezifische Wechselwirkungen) oder Gleichgewichtsdissoziationskonstante (KD, für unspezifische Wechselwirkungen) zu quantifizieren.
  • Dynamische Lichtstreuung (DLS), auch bekannt als quasi-elastische Lichtstreuung (QELS) oder Photonen-Korrelations-Spektroskopie (PCS) - Bei einer DLS-Messung werden zeitabhängige Fluktuationen im Streulichtsignal mit einem schnellen Photonenzähler gemessen. Mit DLS Messungen kann der Diffusionskoeffizient von Makromolekülen oder Partikeln bestimmt werden, woraus der hydrodynamische Radius berechnet wird.

Die Lichtstreuung ist eine Technik, die entweder im Batch- (ohne Fluss, z.B. in Küvetten) oder im Chromatographie-Modus angewendet werden kann. Jede Technik hat ihre Vor- und Nachteile für die Charakterisierung der verschiedenen Eigenschaften eines Analyten. In dem Abschnitt Lösungen finden Sie weiterführende Informationen, um besser zu verstehen, wie die verschiedenen Techniken für unterschiedliche Charakterisierungsaufgaben eingesetzt werden.

Warum Lichtstreuung?

Obwohl absolute Molekulargewichte auch über Massenspektrometrie, Membranosmometrie oder Sedimentationsgleichgewichts-Messungen (Analytische Zentrifugation) bestimmt werden können, deckt nur die Lichtstreuung ein so breites Spektrum von Makromolekülen und ihrer oligomeren Zustände ab. Vor allem aber erlaubt die Lichtstreuung die Messung der Lösungseigenschaften von Makromolekülen. Während ein Sedimentationsgleichgewichtslauf 72 Stunden dauern kann, kann eine Größenausschlusschromatographie mit gekoppeltem Streulicht Detektor in deutlich weniger als einer Stunde abgeschlossen werden und eine Batch-Analyse in wenigen Minuten. Diese vergleichsweise kurzen Laufzeiten in Verbindung mit der absoluten Bestimmung von molaren Masse, Größe und A2 machen die Lichtstreuung zur Methode der Wahl für die genaue und schnelle Charakterisierung von Makromolekülen.


Chromatographie Modus

Bei einem Lichtstreuexperiment im Chromatographie-Modus wird ein MALS-Detektor (Multi-Angle Static Light Scattering) wie DAWN® oder miniDAWN®, mit einem System gekoppelt, das Makromoleküle anhand ihrer physikalischen Eigenschaften trennt. Die am häufigsten mit MALS verwendete Fraktionierungsmethode ist die HPLC-Größenausschlusschromatographie (SEC). SEC-MALS liefert genaue Verteilungen der molaren Masse und der Größe (mittlerer Quadratradius Rg), im Gegensatz zu:

  • Standard-SEC, die von der Säulenkalibrierung durch Referenzstandards abhängt
  • MALS im Batch-Modus (Küvette), bei dem die gemessenen Mengen über alle in der Probe vorhandenen Massen und Größen gemittelt werden

Das SEC-MALS hat viele Vorteile gegenüber den traditionellen Säulenkalibriermethoden. Da die Lichtstreuung und die Konzentration für jede eluierende Fraktion gemessen wird, können die molare Masse und die Größe unabhängig von der Elutionszeit bestimmt werden. Dies ist besonders wichtig für Spezies, die nicht kugelförmig sind oder mit der SEC-Säule interagieren. Solche Spezies lassen sich in der Regel nicht durch eine klassische Kalibrierung mit Standards sinnvoll analysieren.

Bei der Lichtstreuung im Chromatographiemodus ist die nicht standardisierte Säuleninteraktion jedoch kein Problem, da die absolute molare Masse und der Schwerpunktradius für jede eluierende Fraktion bestimmt wird. Da bei der Verwendung von Kalibrierstandards keine Annahmen getroffen werden müssen, ist es möglich, die Verteilungen von Trennverfahren wie Ionenaustausch oder Reverse-Phase-Chromatographie vollständig zu charakterisieren. Es gibt keine Möglichkeit, diese Techniken mit herkömmlichen Methoden zu kalibrieren.

Eine weitere leistungsstarke Trenntechnik, die häufig in Verbindung mit MALS eingesetzt wird, ist die Feldflussfraktionierung (FFF). Sie kann Trennungen über einen sehr großen dynamischen Bereich durchführen. Die FFF-Trennung funktioniert nicht mit einer gepackten Säule, sondern durch ein Trennfeld in einem Kanal ohne stationäre Phase. Die Trennung wird durch das Verhältnis von Kanalfluss und Querfluss sowie der verwendeten Kanalhöhe beeinfluss. Die Eclipse steuert die Flüsse präzise. So werden robuste Trennungen erzielt. FFF-MALS charakterisiert gelöste Stoffe und Suspensionen von kleinen Makromolekülen bis hin zu Nanopartikeln im Mikrometerbereich.

Bei einer typischen SEC-MALS- oder FFF-MALS-Messung werden der Lichtstreudetektor und ein Konzentrationsdetektor nach der Trennung in Reihe geschaltet. Der Konzentrationsdetektor ist in der Regel ein Differentialrefraktometer (dRI) wie z. B. ein Optilab® oder ein UV-Detektor oder idealerweise beides.

Zusätzlich zur Messung der molaren Masse und der Schwerpunktradien (root-mean-square radius) über MALS kann es wünschenswert sein, auch die hydrodynamischen Radien zu bestimmen. Dazu wird dem MALS-Detektor ein DLS-Detektionsmodul (Dynamic Light Scattering) hinzugefügt wie die WyattQELS oder das DynaPro® NanoStar® mit Faseraufnehmer zur Messung hydrodynamischer Radien Rh. SEC-DLS- und FFF-DLS-Größenmessungen reichen von < 1 nm bis zu > 250 nm.

Alternativ kann ein Differentialviskosimeter wie der ViscoStar® mit den MALS- und dRI-Detektoren in Reihe geschaltet werden, um die intrinsische Viskosität zu bestimmen, die ebenfalls mit Rh in Beziehung gesetzt werden kann. Das Verhältnis zwischen molarer Masse und hydrodynamischen Radius, wie es durch DLS oder Viskosimetrie bestimmt wird, ist ein Hinweis auf die Molekülkonformation.


Batch Modus (unfraktioniert)

Gelegentlich ist es notwendig oder wünschenswert, eine Lichtstreumessung an einer nicht fraktionierten Probe durchzuführen. So können beispielsweise die zeit- oder konzentrationsabhängigen Eigenschaften einer Probe interessant sein. Solche Messungen werden als Batch-Messungen bezeichnet und erfolgen entweder durch Injektion eines Probenaliquots direkt in die Durchflusszelle oder durch Einführung der Probe in Küvette wie der microCuvette in einen DAWN® MALS-Detektor.

Die Eigenschaften, die bei einer Batch-Lichtstreumessung bestimmt werden können, hängen von der Messtechnik ab. Bei der (statischen) Mehrwinkel-Lichtstreuung bedeutet das Vorhandensein von Spezies mit unterschiedlichen Massen, dass die gemessenen Größen gemittelt sind. Die molare Masse ist zum Beispiel eine gewichtsgemittelte molare Masse, und die Größe wird über ein höheres Moment der Massenverteilung gemittelt. Wenn Chargenmessungen bei mehreren Konzentrationen durchgeführt werden, ist es möglich, den zweiten Virialkoeffizienten A2 zu bestimmen, um die Wechselwirkung zwischen gelöster Substanz und Lösungsmittel bzw. Substanz mit sich selbst zu quantifizieren - eine sehr nützliche Information für Studien wie die Formulierung von Proteinen oder die Kristallographie.

Batch-Messungen von DLS (Dynamic Light Scattering) bestimmen semi-quantitative Aspekte der hydrodynamischen Radiusverteilung. Mit Hilfe von Analysetechniken wie der Regularisierung (siehe ASTRA® Software), können DLS-Batch-Daten die Größenverteilung für breit polydisperse Proben, d. h. über mehrere Größenordnungen aufzeigen und sogar zwischen Populationen differenzieren, wenn der Größenunterschied im Radius größer als ein Faktor von drei bis fünf ist.

Obwohl der Chromatographiemodus im Allgemeinen die beste Methode zur Charakterisierung der molaren Massen- und Größenverteilungen in einer Probe ist, ist der Batch-Modus in den Fällen nützlich, in denen die Makromoleküle nicht leicht durch Größenausschlusschromatographie getrennt werden können oder die zeit- oder konzentrationsabhängigen Eigenschaften der Probe von Interesse sind. Letzteres kann die Untersuchung von Phänomenen wie der Selbstorganisation von Proteinen, die Messung der konzentrationsabhängigen Aggregation usw. umfassen. Konzentrations- und zeitabhängige Studien an unfraktionierten Proben können mit dem Calypso® -Zusammensetzungsgradienten-System und der CALYPSO Software automatisiert und analysiert werden. Weitere Einzelheiten zur Theorie hinter der Charakterisierung von Wechselwirkungen mit MALS finden Sie unter Verständnis von CG-MALS.


Die Historie, und mehr

Eine historische Darstellung der Entwicklung der Theorie der Lichtstreuung mit dem Einfluss von ausgeschlossenen Volumenwechselwirkungen und Hyperverzweigungen wurde freundlicherweise von Prof. Walter Burchard zur Verfügung gestellt. Klicken Sie hier zum Download.

Danksagung

Wyatt Technology bedankt sich bei den folgenden Personen für die Verwendung von Materialien und Grafiken in diesem Theorieteil:

  • Dr. Ewa Folta-Stogniew von der Yale School of Medicine. Beispiele für die Theorie der Lichtstreuung, Analysen, Anwendungen und Beispielergebnisse finden Sie auf ihrer Website zur Lichtstreuung.
  • Dr. Eric R. Weeks iin der Abteilung für Physik an der Emory University. Dr. Weeks hat die Brownsche Bewegungsanimation im DLS-Theorieteil erstellt. Für Informationen über seine Forschung und um weitere faszinierende Bilder zu sehen, besuchen Sie bitte seine Website.