Mehrwinkel-Lichtstreuung (MALS) und Dynamische Lichtstreuung (DLS) sind wesentliche biophysikalische Charakterisierungsmöglichkeiten für jede Institution, die Proteine produziert oder untersucht.
 

Protein Charakterisierung

Protein

Proteine und verwandte Biomakromoleküle sind komplexe Gebilde, die bei der Wechselwirkung mit anderen Biomolekülen ein faszinierendes Verhalten zeigen. Die Lichtstreuung bietet ein einfaches und effektives Mittel zur Charakterisierung der wesentlichen biophysikalischen Eigenschaften von Proteinen: molare Masse, Größe, Ladung, Wechselwirkungen, Konjugation und Konformation.

Identifikation

Die molare Masse ist der Schlüssel zur Identifizierung von Proteinen, ihren Oligomeren oder Komplexen. Dennoch verlassen sich allzu viele Proteinforscher auf eine vereinfachte und ungenaue Analyse der molaren Masse durch SDS-PAGE oder traditionelle Größenausschlusschromatographie (SEC). Diese Techniken beruhen auf Annahmen zur Konformation und zu idealen Matrixinteraktionen, die Wissenschaftler mit ungenauen oder völlig falschen Ergebnissen täuschen können, was zu einer grundlegend fehlerbehafteten Interpretation ihrer Daten für wissenschaftliche Publikationen führt.

Die Mehrwinkel-Lichtstreuung gekoppelt mit SEC (SEC-MALS) ermöglicht eine genaue Molekulargewichtsbestimmung von Proteinen, Oligomeren und Komplexen, unabhängig von Konformation oder nicht-idealen Säulenwechselwirkungen. Der Grund hierfür ist darin zu finden, dass SEC-MALS eine absolute Analyse der molaren Masse nach den physikalischen Grundprinzipien darstellt, die nicht auf Retentionszeit oder Kalibrierung mit Standards angewiesen ist. Die einzige Funktion der SEC-Säule ist die Trennung der Moleküle nach Größe, während MALS die molare Masse der eluierenden Proteine absolut bestimmt.

Konjugate & Membranproteine

Mit Detergens solubilisierte Membranproteine sind aufgrund der Tensidmizelle, die das Protein umgibt, besonders schwierig mit traditionellen Techniken oder sogar mit Massenspektroskopie zu analysieren. Denaturierendes SDS-PAGE dissoziiert native Oligomere und schließt deren Identifizierung aus, während die Crosslinking-Massenspektrometrie Oligomere erzeugen kann, die in Lösung nicht existieren.

Ebenso können stark glykosylierte Proteine nicht durch Referenzstandards oder gängige Modelle für globuläre Proteine analysiert werden und sind daher für die Analyse mit traditionellen Techniken nicht geeignet.

Diesen Herausforderungen begegnet die mit SEC gekoppelte Mehrwinkel-Lichtstreuung (SEC-MALS), die zwischen einem Protein und seinem assoziierten Detergens oder Kohlenhydrat unterscheiden kann, indem sie Daten von drei Detektoren kombiniert: UV, MALS und differentieller Brechungsindex (dRI). Der ASTRA-Algorithmus für die Konjugatanalyse berechnet die molare Masse sowohl der proteinhaltigen Komponente als auch der konjugierten oder mizellaren Komponente. Der wahre oligomere oder komplexierte Zustand des Proteins sowie der Grad der Glykosylierung werden eindeutig bestimmt.

Reinigung & Aggregate

Wissenschaftler, die detaillierte mechanistische Studien von Proteinen und ihrer biologischen Funktion durchführen, können es sich nicht leisten, mit Material schlechter Qualität zu arbeiten. Die Lichtstreuung bietet zwei verschiedene Möglichkeiten, die Qualität und Reinheit von Proteinproben zu beurteilen: Dynamische Lichtstreuung (DLS) und Größenausschlusschromatographie gekoppelt mit Mehrwinkel-Lichtstreuung (SEC-MALS).

DLS ist ein hervorragendes Mittel, um schnelle, qualitative Abschätzungen der Aggregation und Verunreinigungen in einer Proteinlösung zu erhalten, bei minimalem Probenverbrauch - nur 2 µL. Es ist kein Trennungsschritt erforderlich; einige wenige Tropfen werden in eine Mikroküvette oder eine Mikrotiterplatte gegeben, und Sie erhalten innerhalb von Sekunden eine Größenverteilung Ihrer Probe. Insbesondere große Submikron-Aggregate lassen sich mit DLS leicht identifizieren, ebenso wie das Vorhandensein von löslichen Aggregaten durch den Polydispersitätsparameter. Batch (unfraktionierte) DLS erlaubt sogar die Rückgewinnung von wertvollen Proben, selbst wenn nur wenige Mikroliter für die Messung verwendet wurden.

Da DLS ungefähre Größenverteilungen (hydrodynamische Radien) misst, kann diese Technik weniger gut kleine Aggregate wie Dimere und Trimere unterscheiden und quantifizieren oder eine genaue Identifizierung von Verunreinigungen oder Abbauprodukten erreichen. SEC-MALS führt echte Trennungen mit absoluter Messung der molaren Masse durch, um zuverlässige Angaben darüber zu erhalten, welche Proteine und Abbauprodukte in Lösung vorliegen.

Nativer Oligomerisierungszustand

Was genau ist der "native Oligomerisierungszustand"? Die Antwort mag überraschen, denn "nativ" ist ein relativer Begriff. Die meisten biologischen Oligomere bestehen aus Proteinen in einem dynamischen Gleichgewicht zwischen Monomeren und spezifischen Oligomeren (z. B. Dimeren oder Tetrameren). Das Verhältnis von Oligomeren zu Monomeren ist sowohl von der Konzentration als auch vom pH-Wert des Puffers und dessen Ionenstärke abhängig. Der Oligomerisierungszustand ändert sich daher mit den Analysebedingungen. Eine echte Identifizierung eines nativen Oligomers muss vollständig in Lösung durchgeführt werden, da die Lösungsbedingungen den Grad der Oligomerisierung und sogar die endgültige Oligomerzahl bestimmen.

Die Mehrwinkel-Lichtstreuung (MALS) ist eine der wichtigsten Methoden zur Identifizierung nativer Oligomere und zur Bestimmung ihrer Stöchiometrie. Eine erste Diagnose der Oligomerisierung wird oft durch SEC-MALS erhalten, die darauf hinweisen kann, dass die molare Masse eines Proteins signifikant vom Monomer-Sequenzgewicht abweicht, oder dass die Masse über den eluierenden Peak variiert und mit abnehmender Konzentration auf beiden Seiten des Peakmaximums abnimmt. Eine Verifizierung kann durch einige zusätzliche SEC-MALS-Messungen mit unterschiedlichen Ausgangskonzentrationen erreicht werden.

Um eine detaillierte Analyse des oligomeren Zustands und der Gleichgewichtsdissoziationskonstante Kd zu erhalten, misst Composition-Gradient Mehrwinkel-Lichtstreuung (CG-MALS) die Selbstassoziation als eine Serie von Stop-Flow-Injektionen in einem MALS-Detektor. Dieses Verfahren ermöglicht eine vollständige Äquilibrierung sowie eine vollständige Analyse der oligomeren Stöchiometrie, selbst wenn mehrere Oligomere vorhanden sind.

Die Dynamische Lichtstreuung (DLS), ist zwar nicht exakt quantitativ, aber sie ist ein schnelles und produktives Mittel zur Abschätzung der Oligomerisierungseigenschaften durch die Konzentrationsabhängigkeit der durchschnittlichen Molekülgröße.

Biomolekulare Interaktionen

Einem Großteil der uns bekannten Biologie liegt die Bindung von Proteinen zu reversiblen Komplexen zugrunde, sei es zum Zweck der Signalübertragung, der Bildung von Zellstrukturen, der Zellteilung, der Immunantwort oder anderer Prozesse, die für die Aufrechterhaltung eines gesunden, funktionierenden Organismus entscheidend sind. Viele dieser Protein-Protein-Wechselwirkungen sind aufgrund komplexer Phänomene wie Multivalenzen, Kooperativität, Multi-Protein-Assemblierung oder kombinierter Selbst- und Heteroassoziation mit traditionellen Mitteln wie zellulären Assays, Gel-Shift-Assays oder sogar biophysikalischen Techniken wie Oberflächenplasmonenresonanz oder isothermaler Titrationskalorimetrie schwer zu analysieren.

Eine der vielseitigsten Techniken zur Charakterisierung von Protein- und anderen biomolekularen Wechselwirkungen in Lösung, ohne Markierung oder Immobilisierung, ist die Composition-Gradient-Mehrwinkel-Lichtstreuung (CG-MALS). Bei dieser Technik bereitet Calypso II automatisch eine Reihe von Zusammensetzungen oder Konzentrationen vor und liefert sie als Stop-Flow-Injektionen an einen DAWN oder miniDAWN MALS Detektor. Die CALYPSO-Software verwendet diese MALS Messungen, um die gewichtsmittlere molare Masse der Lösung als Funktion der Zusammensetzung zu bestimmen, anschließend die Anpassung der Daten an ein Assoziationsschema zu bewerten und zu entscheiden, ob die Daten das spezifische Modell unterstützen. Die Bindungskonstanten (Kd) werden ebenfalls quantifiziert. Die Software bietet eine nahezu unendliche Vielfalt an Assoziationsmodellen, die aus einer oder zwei interagierenden Spezies bestehen und die Analyse von Selbst-Assoziation, Hetero-Assoziation, kombinierter Selbst- und Hetero-Assoziation, multivalenten Wechselwirkungen und kooperativer Bindung ermöglichen.

Die wahre Stärke von CG-MALS liegt in der direkten Bestimmung der molaren Masse, die alle Unklarheiten bei der Bestimmung des oligomeren Zustands und der Stöchiometrie von Multiproteinkomplexen beseitigt. Die Methodenentwicklung ist einfach und geradlinig, unterstützt durch die Simulationsmöglichkeiten der CALYPSO-Software.

Lichtstreuung in den Diensten von SAXS und SANS

SAXS und SANS Messzeit ist teuer und limitiert. Um die SAXS und SANS Messungen optimal zu nutzen, muss die Qualität der Biomoleküle vor den Messungen sichergestellt werden.

DLS ist eine schnelle und einfache Methode, um Ihre Proben auf Aggregation zu prüfen. Nur 1,25 μL Probe ist für eine Messung in der Mikroküvette des DynaPro NanoStar erforderlich, und diese kann bei Bedarf sogar zurückgewonnen werden! Mit unseren patentierten Einwegküvetten sind nur 4 μL erforderlich.

Für die detaillierte Charakterisierung von Oligomeren sowie den Vergleich mit den Ergebnissen der Röntgen- oder Neutronenstreuung, ist ein SEC-MALS System mit Ihrer SEC Anlage und einem miniDAWN MALS Detektor und einem Optilab RI Detektor hilfreich. Siehe Bazin et al., "Structure and primase-mediated activation of a bacterial dodecameric replicative helicase" Nucleic Acids Res., 2015, 1

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