Impfstoffentwicklung

Das Prinzip der Impfstoffentwicklung zählt zu einer der bedeutendsten medizinischen Entdeckungen der Menschheitsgeschichte. Kaum ein anderes Verfahren zuvor ermöglichte es Menschen sich so effektiv vor tödlichen Erkrankungen zu schützen. Was als Zufallsentdeckung vor mehr als 200 Jahren begann, hat bis heute nichts an Aktualität oder Wichtigkeit verloren. Die Covid-19 Pandemie hat gezeigt, wie schnell ein neuartiger Krankheitserreger zur Gefahr für die gesamte Menschheit werden kann und wie unerlässlich die Impfstoffentwicklung bei der Bekämpfung solcher Bedrohungen ist. Dieser Artikel soll daher verschiedenster Aspekte rund um die Impfstoffentwicklung thematisieren, ein Verständnis zur Funktionsweise von Impfstoffen liefern und thematisieren, welche Schritte in der Impfstoffentwicklung bis zur Zulassung durchlaufen werden müssen.

Impfstoffentwicklung: Geschichte

Die Entdeckung der Impfung ist eng mit der Infektionskrankheit Pocken verbunden. Die Krankheit ist seit Jahrhunderten bekannt und führte in der Vergangenheit zum Tod von geschätzt mehreren hundert Millionen Menschen. 1796 gelang dem englischen Arzt Edward Jenner der Durchbruch in der Impfstoffentwicklung. Er konnte Nachweisen, dass Patienten, die er vorher dem deutlich weniger gefährlichen Kuhpocken ausgesetzt hatte, gegen den Pockenerreger immunisiert waren. Auch wenn zu dieser Zeit noch nicht bekannt war, was der tatsächlichen Auslöser der Krankheit war, so stellte das Pocken-Vakzin den Beginn einer unglaublichen Erfolgsgeschichte dar, die zunächst die Letalität der Krankheit von 30 % auf lediglich 2 % reduzierte und im späteren Verlauf zur ersten weltweiten Auslöschung einer Infektionskrankheit beim Menschen führte.

Erst 68 Jahre später formulierte Louis Pasteur die Keimtheorie, die Robert Koch durch die Entdeckung des Milzbranderregers 1876 und durch Nachweis des Tuberkulose-Bakteriums 1881 bestätigte. In Folge dessen konnten durch Impfstoffentwicklung Vakzine gegen vielerlei Infektionserkrankungen wie Tollwut, Cholera, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, Masern bis hin zu Covid-19 generiert werden

Impfstoffentwicklung: Wirkungsweise

Die Wirkweise von Impfstoffen wird in zwei Kategorien unterteilt: aktive und passive Impfung. Bei der aktiven Impfung wird der Körper des Geimpften in der Regel Lebend- oder Totimpfstoffen ausgesetzt, was eine Immunantwort auslöst. Es werden Antikörper gebildet und das Immunsystem entwickelt Gedächtniszellen gegen den Erreger. Bei der passiven Impfung werden Antikörper gegen einen Erreger aus vormals infizierten Tieren oder aus geheilten Menschen gewonnen, um diese der zu impfenden Person zu verabreichen. Im Gegensatz zur aktiven Impfung entsteht hierbei jedoch kein langfristiger Schutz.

Bei der Impfstoffentwicklung zur Erstellung von Lebendimpfstoffen werden abgeschwächte Erreger erzeugt, die nicht mehr vermehrungsfähig sind und deshalb keine Erkrankung auslösen können. Im Gegensatz dazu ist das Ziel der Impfstoffentwicklung von Totimpfstoffen, den Erreger abzutöten. Die daraus resultierenden Erregerbruchstücke sind dann ungefährlich, aber dem ursprünglichen Erreger immer noch ähnlich genug, um eine spezifische Immunreaktion zu erzeugen. Einen Meilenstein bei der Impfstoffentwicklung stellen die neuartigen mRNA-Impfstoffe dar. Bei RNA handelt es sich um Nukleinsäuren, die im Körper als Bauplan für Erstellung von Proteinen verwendet werden. Mit Hilfe eines geeigneten Transportvehikels wird künstlich erzeugte RNA in Zellen eingebracht. Bei den Transportsystemen kann es sich um virale Vektorsysteme oder Lipid Nanopartikel handeln. Die Körperzellen stellen daraufhin selbstständig inaktive Bausteine des Erregers her, wodurch im Anschluss die gewünschte Immunreaktion erreicht wird. Das Besondere an diesem Verfahren ist die verhältnismäßig einfache Impfstoffentwicklung und eine hohe Flexibilität, da die zugrunde liegende Transportsysteme bei diesem Verfahren unverändert bleiben und lediglich die zu transportierende RNA ausgetauscht werden muss.

Phasen der Impfstoffentwicklung und Impfstoffprüfung

Eine Impfstoffentwicklung durchläuft mehrere Stufen bis zum finalen Produkt und beginnt mit der Forschung am Zielerreger, gegen den der Impfstoff wirken soll. Der potenzielle Impfstoff muss anschließend biophysikalisch charakterisiert und in Labor- und Tierversuchen auf seine Wirksamkeit untersucht werden. Des Weiteren muss ein sinnvolles Impfschema, also die Häufigkeit und zeitliche Abfolge der Impfstoffzufuhr, bestimmt werden, bevor es zur Erprobung am Menschen im Rahmen der Impfstoffentwicklung erfolgen kann. In den klinischen Phase I Studien wird der Impfstoff zunächst an weniger als hundert gesunden Personen getestet und es wird bestimmt, ob starke, unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Innerhalb der nachfolgenden Phase II wird an mehreren hundert Personen genau erprobt, wie die Immunantwort auf den Impfstoff erfolgt, wie ausgeprägt die Schutzwirkung ist und ob es eventuell notwendig ist, die Dosis oder das Impfschema erneut anzupassen. Die abschließende klinische Phase III der Impfstoffentwicklung wird mit einer deutlich größeren und vielseitigeren Gruppe an Probanden durchgeführt. Diese Gruppe umfasst mehrere tausend Menschen, die den Impfstoff verabreicht bekommen. Dies ermöglicht es, die Wirkweise des Impfstoffes auf verschiedene Alters- und Personengruppen zu bestimmen. Für ein erfolgreiches Bestehen der Phase III muss eine signifikante Wirksamkeit auch in Alltagsituationen, also bei potenziellem Kontakt mit dem Erreger, nachgewiesen werden und die Sicherheit des Impfstoffes muss sich auch innerhalb dieser größeren Probandengruppe bestätigen.

Impfstoffentwicklung: Zulassung

Hat der Impfstoff alle Phasen der Impfstoffentwicklung erfolgreich durchlaufen, kann der Hersteller die Zulassung beantragen. Das Zulassungsverfahren dient dazu, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, die den Impfstoff verabreicht bekommen soll. Die EMA (European Medicines Agency) führt das Verfahren in Europa durch und gibt anschließend eine Empfehlung an die Europäische Kommission, die die Zulassung für den europäischen Markt erteilen kann. Im ersten Schritt prüfen die Behörden den Zulassungsantrag, der alle Daten rund um die Impfstoffentwicklung, die klinischen Studien und den Antragsteller enthält. Für diesen Vorgang benötigt die EMA in der Regel bis zu 210 Werktage. Nach positiver Nutzen-Risiko-Bewertung und ausführlicher Beurteilung der Herstellungs- und Eignungsverfahren kann eine Empfehlung für die Zulassung durch den zuständigen Ausschuss für Humanarzneimittel erfolgen. Die tatsächliche Freigabe erfolgt dann durch die europäische Kommission. In den USA erfolgt die Prüfung auf Zulassung und anschließende Erteilung direkt durch die FDA (Food and Drug Administration).

Dauer der Impfstoffentwicklung und Rolling Review Verfahren

Von Beginn der Impfstoffentwicklung bis hin zur finalen Zulassung vergehen in der Regel 15 bis 20 Jahre. Dies ist auf die benötigte Zeit für die Identifizierung geeigneter Impfstoffkandidaten, der Prüfung der Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffes, als auch der Prüfung für die Zulassung zurückzuführen.

Während der Covid-19-Pandemie kam zum ersten Mal in der Geschichte dazu, dass eine Impfstoffentwicklung in Rekordzeit durchgeführt wurde. Eine Mammutaufgabe, die nur aufgrund der für die Impfstoffentwicklung neuartigen mRNA-Transfertechnologien bewältigt werden konnte. Des Weiteren kam es aufgrund der akuten Gefahrenlage zu einem beschleunigten Zulassungsverfahren bereits während der Impfstoffentwicklung. Bei diesem sogenannten „Rolling Review“-Verfahren wurden jedoch keine Abstriche bezüglich der Qualität und Sicherheit in Kauf genommen, sondern der bürokratische Ablauf der Prüfung optimiert, sodass Datenprüfung durch die Behörden bereits erfolgen konnte, während klinische Studien noch im Gang waren.

Wie unterstützt Wyatt Technology die Impfstoffentwicklung?

Bei den für die Impfungentwicklung verwendeten Wirkstoffen handelt es sich in Regel um Makromoleküle oder Nanopartikel im Größenbereich von 1-1000 nm, darunter Antikörper, Polysaccharide, Lipid Nanopartikel und virale Nanopartikel. Wyatt Technology Lichtstreudetektoren (Link) sind optimal geeignet, um biophysikalische Parameter dieser Substanzen zu analysieren. Dadurch können Wissenschaftler und Forscher bereits während der Impfstoffentwicklung ihre potenziellen Impfstoffkandidaten besser charakterisieren, was Prozesse beschleunigt und Kosten reduziert. Des Weiteren haben Wyatt Analysedetektoren Einsatzbereiche in der Qualitätskontrolle und der Prozessoptimierung.
  • High-throughput Dynamische Lichtstreuung: Der DynaPro® Plate Reader ermöglicht es, Dynamische Lichtstreuung im Hochdurchsatzverfahren zu messen. Hierdurch wird Größe, Größenverteilung, Aggregation, Partikelkonzentration und Stabilität von Proben in industriestandardisierten 96-, 384- oder 1536-Multiwellplatten bestimmt. Die Ergebnisse liefern Aufschluss, welche Kandidaten für weitere Studien im Rahmen der Impfstoffentwicklung geeignet sind.
  • SEC-MALS und FFF-MALS: Nicht nur für eine erfolgreiche Impfstoffentwicklung, sondern auch für eine gründliche Qualitätskontrolle ist eine ausführliche Charakterisierung des Impfstoffes unerlässlich. SEC-MALS und FFF-MALS Systeme von Wyatt Technology bieten hier ungeahnte Analysemöglichkeiten. Das Besondere: Innerhalb weniger Minuten können gleich mehrere kritische Qualitätsattribute wie viraler und physikalischer Titer, Nukleinsäuregehalt, Größenverteilung und Aggregatgehalt bestimmt werden.
  • RT-MALS: Um einen optimalen Produktionsablauf während der Impfstoffentwicklung zu gewährleisten, wurde das ultraDAWN® entwickelt. Im Vergleich zu traditionellen Prozessanalytik-Tools ermöglicht dieser Detektor die Charakterisierung kritischer Probenparameter in Echtzeit während der Produktion. Hierdurch können Impfstoffentwicklung deutlich schneller optimiert werden und es aufwändige Prozessmodellierungen können ergänzt oder ersetzt werden.


Übersicht über relevante Impfstoff-Entwickler:

  • AstraZeneca
  • Bavarian Nordic
  • Biocad
  • BioNTech
  • Curevac
  • Emergent BioSolutions
  • Gedeon Richter
  • GlaxoSmithKline
  • IDT Biologika
  • Janssen Pharmaceutica
  • MedImmune
  • Merck
  • Mikrogen
  • Moderna
  • Novartis
  • Novavax
  • Pfizer
  • R-Pharm
  • Sanofi Pasteur MSD
  • Wyeth


Weitere Fragen und Antworten zur Impfstoffentwicklung




Wann wurde die Impfung entdeckt?

Die Impfung wurde vor über 200 Jahren (1796) entdeckt, als Edward Jenner den Zusammenhang zwischen Kuhpocken und Pocken herstellte. Seitdem wurden Impfstoffe gegen viele Infektionserkrankungen entwickelt, einschließlich Covid-19.

Wie wirken Impfstoffe?

Es gibt sowohl die aktive als auch die passive Immunisierung. Bei aktiven Impfungen wird das Immunsystem durch abgeschwächte oder inaktivierte Erreger stimuliert. Bei passiven Impfungen werden Antikörper verabreicht, die jedoch keinen langfristigen Schutz bieten.

Welche Phasen durchläuft die Impfstoffentwicklung?

Die Impfstoffentwicklung umfasst die Forschung am Zielerreger, biophysikalische Charakterisierung, Labortests, Tierversuche und klinische Studien in Phasen I, II und III. Phase III umfasst umfangreiche Tests an Tausenden Menschen.

Wie wird ein Impfstoff zugelassen?

Die Zulassung erfolgt nach einer gründlichen Prüfung durch die zuständigen Behörden wie die EMA in Europa oder die FDA in den USA. Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität des Impfstoffs werden hier bewertet.